Bergedorfer Zeitung - Alkoholsucht: Kinder werden oft vergessen

vom 30.05.2011

SVS: Nur wenige machen sich für die Jüngsten stark

Von Undine Brandt

Glinde. Alles dreht sich in ihren Familien um den Alkohol und die Sucht eines Elternteils, doch fast nie geht es um sie: Etwa 2,7 Millionen Kinder und Jugendliche im Alter bis zu 18 Jahren leben in Deutschland in suchtbelasteten Familien. „Diese Kinder werden auch die vergessenen Kinder genannt", sagt Susanne Schories, Psychologin der Sucht- und Drogenberatung der Südstormarner Vereinigung für Sozialarbeit (SVS) . im Gutshaus. Denn im Gegensatz zum Erkrankten und seinem Ehepartner ist es für die Kinder schwerer, Hilfe zu finden.

Dabei bräuchten auch sie diese genauso dringend. Denn die Kinder haben ein hohes Risiko, selbst eine Abhängigkeit zu entwickeln - 30 Prozent der Kinder aus suchtbelasteten Familien werden laut Schories selbst alkoholabhängig. Umso wichtiger seien da Angebote wie das von der SVS. Vier bis sechs Kinder kommen regelmäßig in einer kleinen Gruppe zusammen, um gemeinsam zu spielen, toben und „einfach nur Kind zu sein", sagt Pädagoge Wolfgang Klespe. Oft müssen die Kinder in ihren Familien früh Verantwortung übernehmen, sich um ihre Geschwister und den kranken Elternteil kümmern. „Die Kinder erfahren in der Gruppe die Zuwendung und Entlastung, die sie in ihrem Alter verdient haben", sagt Klespe.

Kontinuität und Dauer sind bei der Therapie wichtig - die sieben- bis zwölfjährigen Kinder werden ein Jahr lang betreut. Der Bedarf ist größer, sagt Klespe, doch Mittel kaum vorhanden. 7500 Euro kostet die Gruppe im Jahr. Die SVS finanziert sie aus Spenden.

Doch nicht nur die Finanzierung sei ein Problem, sagt Klespe, sondern auch das Herankommen an die Kinder. „Sie lernen nämlich früh, sich unauffällig zu verhalten und eine Normalität vorzutäuschen, die es nicht gibt." Schwer sei es da für ihn, der viel an Schulen unterwegs ist und Aufklärungsarbeit leistet, die Kinder zu erkennen.

Doch Hilfe ist enorm wichtig, denn die Sucht der Eltern prägt die Kinder fürs Leben. Viele leiden unter einem geringen Selbstwertgefühl, einige werden kriminell, später erkranken diese Kinder häufiger an Depressionen als andere und wenigen gelingt es im Erwachsenenalter, stabile Beziehungen aufzubauen, sagt Schories. Oft wählen sie Partner, die selbst abhängig, unerreichbar oder nicht bindungsfähig sind. So erleben sie immer wieder, dass sie allein gelassen werden und fühlen sich überfordert, wie in ihrer eigenen Kindheit.

Die Sucht- und Drogenberatung ist unter der Telefonnummer (040) 670 20 45 erreichbar.

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