Glinder Zeitung - Das Kinderhaus ist schon erwachsen

vom 18.09.2012

Das Kinderhaus Glinde der Südstormarner Vereinigung für Sozialarbeit (SVS) feiert Geburtstag. Es wird 20 Jahre alt. „Unsere Wurzel bei der Entstehung war das neue Kinder- und Jugendhilfegesetz, das das Recht auf Hilfe für Eltern und Kindern formulierte. Es löste das alte Jugendwohlfahrtgesetz ab, das den Fürsorgegedanken in den Mittelpunkt gestellt hatte", sagt Leiter Matthias Richter (56). Der Psychologe ist seit Anfang an dabei. Er begrüßt die neue Entwicklung, die die Kinder nicht mehr vor die Alternative Heim oder Zuhause stellt, sondern Kindern das Elternhaus erhält und eine Tagesbetreuung anbietet, wie es sie im Kinderhaus Glinde gibt.
Begonnen hat diese Betreuung im September 1992 in einem 30-Quadratmeter großen Raum am Sandwerg mit sechs Kindern im Alter von 8 bis 12 Jahren. Das Angebot richtete sich — und so ist es bis heute — an Kinder aus Familien in schwierigen Lebenssituationen, denen auf Antrag beim Jugendamt eine Betreuung vermittelt wird. Später wurde das Angebot um fünf Plätze für 12- bis 15-Jährige erweitert. Dafür mietete man Räume im Central Park an.
Als die Schlehensiedlung 2001 erschlossen wurde, bot die Stadt der SVS in Erbpacht ein 800 Quadratmeter großes Grundstück für ein zweistöckiges Haus mit 220 Quadratmeter Nutzfläche an. Heute betreuen sechs Mitarbeiter, darunter Sozialpädagogen und Erzieher, 16 Schulkinder aus der 1. bis 6. Klasse.
Die Kinder kommen nach der Schule zum Mittagessen, werden bei den Hausaufgaben unterstützt und gestalten gemeinsam ihre Freizeit. Es wird gebastelt und gespielt, Rasen gemäht oder schwimmen gegangen. Auch in den Ferien gibt es zeitweise, Angebote. Besuche in der Jugendbegegnungsstätte Spinosa nebenan werden genau "abgesprochen.
„Unsere Arbeit ist erfolgreich", konstatiert Richter. „Wir können Familien stabilisieren, und uns wird berichtet, dass sich das Zusammenleben entspannt." Das ist das Ergebnis von Fragebögen, die die SVS an die Eltern verteilt, von täglichen Gesprächsrunden mit den Kindern und von Rückmeldungen aus einem Meckerkasten. „Zu 80 Prozent gelingt es, dass die Kinder in der Schule besser zu Recht kommen", sagt Richter.
Gibt es neue Entwicklungen, die den Alltag von Kindern heute mehr prägen, als früher?
„Der Medienkonsum spielt eine immer größere Rolle". erklärt Richter. „Dazu gehören Fernsehen, Computer und elektronische Spiele. Das ist im Grunde genommen auch ok. Es geht nur um das Ausmaß und darum, sie dabei zu begleiten", so Richter. „Wenn die Kinder nicht betreut werden, könnten sie Zugang zu sexualisierten Inhalten bekommen, oder die Altersbeschränkung wird nicht beachtet."
Was für Probleme können daraus resultieren?
„Kinder werden dadurch nicht gewalttätiger, sie können aber mehr Gewaltfantasien bekommen", sagt der Psychologe.
Außerdem konstatiert Richter eine Zunahme von psychischen Belastungen der Eltern. Sucht sei immer ein Thema, ferner auch Depressionen. Als Grand nennt er erhöhte Anforderungen. im Beruf, den Arbeitsdruck, das Gefühl, ausgegrenzt zu sein, wenn man keine Arbeit hat, oder die Angst, dem Kind nicht genügend bieten zu können. „Ich nehme ein hohes Verantwortungsgefühl bei den Eltern wahr, viele sind allerdings einer Überforderungssituation ausgesetzt."
Das Kinderhaus Glinde hat auch neue Dienstleistungen entwickelt. Dazu gehören die Einzelintegration in städtischen Kindertagesstätten, Unterstützung für entwicklungsverzögerte Kita-Kinder, Schulbegleitung zum Beispiel bei Autismus-Diagnose und Kooperationen mit den (Minder Grundschulen. Dazu werden Hausaufgabenhilfe und Durchgangsklassen angeboten, eine Teamförderung in kleinen Gruppen.
In Stormarn gibt es zurzeit fünf Kinderhäuser in Bad .Oldesloe, Bargteheide und Ahrensburg unter der Leitung des Kinderschutzbundes sowie in Glinde und im Aufbau in Trittau unter Leitung der Südstormarner Vereinigung für Sozialarbeit (SVS).

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